So, mal ein erstes kleines Feedback: Es war wieder mal wunderbar mit einem sehr tiefen Booking ziemlich am Puls der Zeit. Vor ein paar Jarhen drohte das Haldern Pop ja ein wenig zum Jahrestreffen der Barden und Frauen mit Gitarre zu werden, aber die letzten Jahre hat sich der Trend doch merklich geändert. So gab es in diesem Jahr eine äußerst Mischung, von modernen Pianokonzerten über Mathrock hin zu Grime - und natürlich haben auch die klassischen indierock- und Folk-Konzerte nicht gefehlt. Besonders auffällig waren hier die zahlreichen "Jungstars".
Positiv war aber zunächst, dass die ersten Befürchtungen eines Gewitters sich nicht bewahrheiteten, denn abgesehen von einem kleineren Regenschauer blieben wir von feuchten Überraschungen von oben verschont, so dass wir auch vom Wetter her einen der besseren Jahrgänge hatten.
Auf dem musikalischen Feld gab es einiges zu sehen. Die Highlights waren hier ganz klar verteilt, bei mir vor allem
Alex the Astronaut mit einem zuckersüßen Set in der Kirche, in der ich tatsächlich das erste mal wieder seit 2014 war,
Gurr, die dankbarerweise ein zweites Set im Niederrheinzelt spielten und, auch wenn ich sie beim letzten Gig in Berlin eher etwas lahm fand, schon einmal für die
Idles einheizten, die mal wieder alle in sie gesetzten Hoffnungen erfüllten und die Menge an die Grenzen ihrer körperlicher Belastungsfähigkeit brachte. Ganz besonders positiv blieben zudem
Heiko Hans Haiku Hands in Erinnerung. Die habe ich zwar nur von außen sehen können, jedoch hatte man hier quasi einen Tribünenplatz darauf, wie sie gestern Abend das Spiegelzelt nahezu in alle seine Einzelbestandteile zerlegt haben. Sicherlich die große Überraschung vom Wochenende waren, neben
Gisbert zu Knyphausen. Dieser sprang nämlich spontan für eine der vielen Absagen ein - jedoch nicht für Julien Baker, was naheliegend gewesen wäre, sondern für die Flamingods im Jugendheim, sodass wir zwar nicht in die Venue rein kamen, das Konzerterlebnis jedoch kurzerhand in ein Hörerlebnis abgewandelt haben, denn vom idyllischen Garten nebenan konnte man dem Konzert ziemlich klar folgen.
Aber das war es noch nicht mit den Highlights. Schon am Freitag gab es die großartig-chaotischen
black midi, die mit Nachdruck ihren Ruf als derzeit als spannendste Band Englands unter Beweis stellten, und das
Moka Efti Orchestra, welches ich zwar schon beim Skandaløs sah, die aber hier noch eine Schippe oben drauf legten und die 90 Minuten nahezu im Fluge vergehen ließen. Am Freitag bin ich spontan zu meinem ersten
Sophie Hunger Konzert, wonach sich mir die frage stellte, weshalb ich sie bis dato überhaupt gar nicht auf dem Schirm hatte. Das Konzert war nämlich unfassbar gut und stimmungsvoll. So war es auch verschmerzbar, dass ich dafür auf Fontaines D.C. verzichtet habe. Ähnlich stimmungsvoll war es dann auch bei
Patrick Watson, der zunächst für viele überraschend im Spiegelzelt angesetzt war. Im Nachhinein war es aber eine tolle Entscheidung, denn hier konnte sich die Stärke seiner Songs so richtig entfalten. Ich musste wirklich mit mir hadern und hart ins Gericht gehen, so dass ich nach 40 Minuten dann doch aus dem Zelt ging, um noch ein wenig Michael Kiwanuka zu schauen.
Leider war es wohl rückblickend die falsche Entscheidung, denn während ich bei Patrick Watson so richtig abtauchen konnte, fiel es mir bei
Michael Kiwanuka super schwer, und gefühlt ging es vielen so. So richtig wollte die Stimmung nicht aufkommen, was vielleicht auch daran lag, dass das Publikum irgendwie komisch und sehr in quatschlaune war - was aber wiederum auch oft das Resultat des Konzerts ist. Nunja, es kann halt nicht immer sein, aber hoffentlich geht er bald wieder über, Cold Little Hard in der Originalversion zu spielen. Schon beim Glastonbury hatte ich mich gefragt, ob er das überhaupt gespielt hat, beim Haldern fiel es mir dann erst auf, dass er das ja in der kürzeren Version ohne Intro und Outro spielt. Dagegen zeigten
Khruangbin am Samstag, dass man Konzerte nicht zu früh abschreiben soll. Während die ersten 15-20 Minuten noch etwas monoton wirkten und das Publikum sich auch eher zurückhaltend zeigte, entwickelte sich ab dann ein super Konzert und auch die Menge kam zunehmend in Schwung.
Was gab es sonst noch?
Am Donnerstag zeigten
Giant Rooks, dass sie derzeit zu den talentierteren jungen Bands in Deutschland gehören und auf jeden Fall auch die großen Bühnen spielen können, während
Kadavar bewiesen, dass man auch beim Haldern Pop die Regler auf Anschlag stellen kann. War spannend zu sehen, wie positiv die letzteren aufgenommen wurden. Am Freitag drohte dann mal wieder der Gig von
Whitney wie schon 2016 ins Wasser zu fallen. Das blieb zwar aus, aber auch hier wollte die Stimmung nur phasenweise aufkommen. Ich weiß nicht, ob die Band keine Lust hatte oder es einfach eine zur Schau gestellte Attitüde war, aber Whitney schienen mir vielleicht eine hit or miss-Band zu sein - gut war es dennoch.
Father John Misty reichte da leider nicht so ganz ran, aber mit ihm werde ich einfach nicht so warm. So ging es dann auch vielen mit
Daughters am Samstag im Spiegelzelt. Dass sich jemand mit dem Gürtel selbst züchtigt hat man beim Haldern Pop wohl noch nicht gesehen, und auch hier waren hoffentlich nicht zu viele Kinder im Zelt oder vor der Bühne. Wenn man damit kein Problem hat, dann war es auf jeden Fall ein intensives Konzerterlebnis am frühen Nachmittag!
Daneben war es halt wie auch sonst immer. Nette Menschen im Camp, die gefühlt zunehmend schwanger werden, tolles Wetter und gewohnt teures Essen zu süffigem KöPi. Es war also wunderbar, so toll, dass es vielleicht eines meiner drei besten Ausgaben war, das Haldern Pop vll. auch endlich vom Label des Singer/Songwriter-Festivals befreit, auf dem Strom nur zu stören schein. Alleine Idles und Haiku Hands sollten das Gegenteil bewiesen haben.