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Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Mi 23. Sep 2015, 22:32
von Monkeyson
Den Thread rette ich mal aus dem alten Forum rüber.
Monkeyson hat geschrieben:Eigentlich traurig, dass selbst dieser Contest auf der Siegerseite einzig (und ausgerechnet) Haddaway als schwarzen Künstler aufweist. Kein Vorwurf - aber darüber nachzugrübeln, ist schon spannend. Klar, dass hier niemand in den Funk- und Soul-Sphären verwurzelt ist. Aber gibt es zum Beispiel empfehlenswerte Gitarrenbands aus der schwarzen Community?
Trollfest hat geschrieben:Zum Thema schwarze Gitarrenbands fallen mir leider nur Living Color und TV on the Radio ein.
Monkeyson hat geschrieben:Krass, wieso habe ich denn noch nie in TV on the Radio reingehört? Sackstark!
With Tired Eyes hat geschrieben:Oxbow. O'Children. Bloc Party.

Monkeyson hat geschrieben:In die beiden ersten höre ich gerne mal rein, aber Bloc Party? Die haben genau ein schwarzes Bandmitglied, und das ist als Sohn eines Molekularbiologen aufgewachsen. Ich dachte da eher an wütende Bands, die gesellschaftliche Mechanismen anprangern. Warum gibt es zum Beispiel keinen schwarzen Punk, oder fehlt mir da was auf meiner musikalischen Landkarte?
With Tired Eyes hat geschrieben:Die Ramones waren auch nur verzogene Mittelstandsjungs, meine ich - so wie übrigens 90% aller heutigen Punks*. Wieso musst du denn hier Hautfarbe und soziale Herkunft gleich in einen Topf schmeißen, in dem das eine das andere unterstellt? Bei "weißen" Bands interessiert es doch im Zweifel auch keine Sau, wo die herkommen und was die Eltern machen.


*individuelle Schätzung, aber finde mal hierzulande einen Punk, der nicht eigentlich aus einem gesicherten Haushalt stammt.
Monkeyson hat geschrieben:Ich habe aus dem Kontext meines ausgewählten Songs heraus argumentiert und solche schwarzen Musiker in der Aufmerksamkeit dieses Forums vermisst, die den Weg der Gitarrenmusik wählen, um ihren Protest auszudrücken (nicht solche, die überhaupt Gitarre spielen können oder als einzelne Mitglieder in Rockkapellen vertreten sind wie Herr Okereke).

Ist doch komisch, dass mir bei den Jahrzehnten der Unterdrückung keine schwarze Rockband mit Wut im Bauch einfällt, dachte ich mir. Danke jedenfalls für die vielen Tipps! Da ich sämtliche Namen bis auf Body Count vorher nicht wahrgenommen habe, verstärkt das meine Vermutung einer Nische im Musikgeschehen. Und vielleicht hast du recht, WTE, und es bedarf eines "gesicherten Haushalts", um sich eine E-Gitarre überhaupt erst kaufen oder wünschen zu können. Für Hiphop hingegen reicht ja ein Kassettenspieler schon.

Bei Eminem beispielsweise interessiert mich [...] durchaus, [wo er herkommt und was die Eltern machen,] sonst könnte ich seine Texte nicht ernstnehmen. Ich denke auch, das geht der Mehrheit so, sobald ein sozialkritischer Subtext zumindest mitschwingt. Soll aber nicht heißen, dass sich elitär aufgewachsene Punks nicht ebenso über die Gesellschaft auskotzen dürfen.
Flecha hat geschrieben:Animals As Leaders
Toasty hat geschrieben:Body Count.
Declan_de_Barra hat geschrieben:Algiers.
hecht0r hat geschrieben:Radkey
Flecha hat geschrieben:Hat mich auch interessiert, deshalb mal Google angeschmissen.
In den 70ern gab es eine Band, die hieß Death (nicht die Prog-Metaller aus den 90ern).

"Their first and only album was shelved by Clive Davis in the early 1970s, but their underground recordings proved to be as seminal and ahead-of-their-time as the work of fellow Detroit proto-punk bands like The MC5 and The Stooges. Hugely influential on the punk bands that came later."

Außerdem Bad Brains (den Namen kennt man doch zumindest)

One of the most important punk bands of all time, the quartet from Washington, D.C. basically invented punk’s more hardcore slant, influencing later bands like Black Flag, Bad Religion and rap-metal act Rage Against the Machine.
Furb hat geschrieben:Bad Brains sollte man wirklich kennen. Neben Black Flag und Minor Threat wohl die bekannteste der frühen Hardcore Bands.
Darüber hinaus könnte man noch Body Count nennen, die ja dieses Jahr erst bei Rock am Ring waren. Ist zwar Crossover, aber Punk spielt da sicherlich auch mit rein.

Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Do 24. Sep 2015, 00:28
von MetalFan94
möchte noch ein paar Bands hinzufügen:
Sepultura
Skindred

Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Do 24. Sep 2015, 06:17
von Mastodoniel
Wut- oder Kritikäußerung muss ja nicht zwingend in Punk zum Ausdruck gebracht werden, nur weil diese Musikrichtung als besonders prädestiniert dafür gilt. Im Soul und Rap, die nunmal aus der schwarzen Community stammen, gibt es doch genügend anprangernde Musik/Texte. Jede Kultur hat ihren eigenen musikalischen Background. Deswegen wirst du, wie du ja schon festgestellt hast, nur vereinzelt Menschen anderer Kulturen in der Musik anderer Kulturen finden.

Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Do 24. Sep 2015, 11:14
von Flecha
Hier sei noch erwähnt, dass Animals as Leaders keinesfalls Punk machen. Die Frage ging im alten Forum zuerst nur in Richtung schwarzer Gitarrenmusik. Die machen Progressive Rock/Metal ohne Vocals.

Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Do 24. Sep 2015, 11:31
von Monkeyson
Das stimmt, das Punk-artige habe ich nach Nennung von Bloc Party hinzugefügt. ;)

Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Do 24. Sep 2015, 11:36
von Stebbie
Benjamin Booker kommt ursprünglich aus der DIY-Punk-Ecke.

Mastodoniel und WTE trafen da schon einen guten Punkt, wenn man die Abwesenheit von "schwarzen Punks" beklagt. Der Punk entstand ja (salopp gesagt) aus dem Establishment, das lange Zeit eine "weißes" war und vll. auch noch ist. Die schwarze Jugend musste ja nicht nonkonformistisch als Punk auftreten, da sie insgesamt ja auch nie sonderlich Establishment war.

Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Do 24. Sep 2015, 12:54
von mattkru
Punk war die Antithese zum Prog- und Bombastrock der 70er.
Zu der Zeit hörten die Afroamerikaner primär Soul, Funk und Disco. Aus dem entstand dann HipHop (primär durch Sampling). Es gab also immer eine Parallelschiene so das die Schwarzen keinen Grund hatten Punks zu werden.

Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Do 24. Sep 2015, 14:37
von MairzyDoats
mattkru hat geschrieben:Punk war die Antithese zum Prog- und Bombastrock der 70er.
Ich bin zwar zu jung, um das aus erster Hand zu beurteilen, aber das ist für mich ein Punkt, der häufig zu selten unterstrichen wird. Ich sehe den Punk bis heute eher als eine musikalisch/kulturelle Revolution als eine politische. Gleichzeitig sehe ich Hip Hop als die soziologisch relevanteste und einflussreichste Musikrichtung der letzten Jahrzehnte.

Mir ist da sofort ein Nebenprojekt von Professor Griff (Public Enemy) eingefallen: 7th Octave, die allerdings eher eine Fusion aus Rap und Metal ist/war. Wikipedia-Copy&Paste: "7th Octave ist eine Band aus sechs Mitgliedern, die versuchen, eine neue, provokante Fusion aus Rap und Metal zu generieren. Sie nennen ihre Musik Ghetto Metal. Die Texte von Professor Griff spiegeln radikale afrozentrische Sichtweisen wider." Daran soll wohl gerade das provokante sein, eine von Weißen besetzte Musikrichtung wie Metal mit schwarzer Kultur einzunehmen. Es gibt nur ein Album von 2004 Und als kleine Warnung muss man noch angeben, dass Professor Griff Ende der 80er mit radikalen antisemitischen Äußerungen aufgefallen ist. Ich mache deshalb auch lieber einen Bogen um dieses Projekt (wobei der Typ ja auch schon lange wieder bei Public Enemy dabei ist). Trotzdem, bei Interesse kann ja jeder mal reinhören, YouTube kann ja auch jeder bedienen.

Außerdem ist mir sofort Stefon Alexander a.k.a. P.O.S. in den Sinn gekommen. Er ist zwar vor allem als Rapper (Solo und bei Doomtree) bekannt, hat aber einen bedeutenden Punk-Einschlag und ist außerdem Sänger und Gitarrist bei der Punk-Band Building Better Bombs. Der Typ ist einer meiner absoluten Lieblingsrapper und den kann ich im Gegensatz zu dem Professor ohne Wenn und Aber empfehlen!
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Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Mo 25. Apr 2016, 22:19
von mattkru
Diese (Facebock-)Seite habe dank Young Fathers entdeckt:
http://www.afropunk.com
https://m.facebook.com/AFROPUNK/

Coole und emanzipierte schwarze Kultur abseits von Ghetto-Klisches.

Re: Schwarzer Punk (und andere Kanäle zur Wutäußerung)

Verfasst: Di 26. Apr 2016, 08:21
von Ruby
Death!

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Gibt auch eine Doku: Death The Band

Gründungsjahr 1971. Also ihrer Zeit voraus. :wink: